Die Skandinavische Arbeitskultur- eine Revolution?

Nun zum vierten Mal brachte Uno den jährlichen World Happiness Report heraus, eine internationale Studie, die ermittelt in welchen Ländern die glücklichsten Menschen leben. Skandinavien ist dabei eindeutiger Vorreiter der Studie. Zum dritten Mal in Folge gewinnt Dänemark den ersten Platz, Norwegen ist auf Platz 4, gefolgt von Finnland auf Platz 5 und Schweden auf Platz 10. Aber wie kommt es, dass die Skandinavier regelmäßig so gut abschneiden? Haben sie mit einer 34 stündigen Arbeitswoche, mehr Chancengleichheit und flachen Hierarchien auch die optimalen Arbeitsbedingungen geschaffen und somit den Arbeitnehmern zu ihrem Glück verholfen?

Der World Happiness Report umfasst Umfragewerte aus insgesamt 160 Ländern. Die Fragen basieren auf der Selbstwahrnehmung der Bürger. Außerdem fließen Daten aus den Sozialsystemen, die Lebenserwartung, Sozialleistungen und Korruption als Bewertungsaspekt mit ein. Deutschland’s Glückswerte sind gemäß den Daten der Columbia Universität seit dem letzten Jahr angestiegen. Dabei spielt ein stärkeres Vertrauen zur Regierung und die Großzügigkeit der Bürger eine verstärkte Rolle, wohingegen die Wahrnehmung von Korruption gesunken ist. Damit erkämpfte sich Deutschland den 16. Platz, knapp hinter Puerto Rico und Costa Rica. Ein zufriedenstellendes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass das Land es im Vorjahr nur auf Platz 23 schaffte.


Zufriedenheit am Arbeitsplatz

Was bedeutet es eigentlich mit seinem Job zufrieden zu sein? Laut Martin Seiligman, Professor der Psychologie an der University of Pennsylvania besteht Zufriedenheit am Arbeitsplatz aus den verschiedenen Teilaspekten: Bedeutung, Herausforderungen, Beziehungen, Arbeitsfluss und Gefühle. Mitarbeiter sind glücklich mit ihrem Job, wenn sie einen Arbeitsfluss entwickeln, der zu effizienteren Arbeiten führt und die volle Ausschöpfung des eigenen Talents fördert.

Aus der Studie Happiness at Work geht hervor, dass die folgenden fünf Faktoren den größten Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit haben:

  1. Die Nutzung der eigenen Stärken
  2. Befriedigende Arbeitsergebnisse
  3. Das Gefühl sinnvolle Arbeit zu leisten
  4. Gute Mitarbeiterbeziehungen
  5. Ehrliche Umgangsweisen

Warum weniger mehr ist

In Skandinavien sind die Beschäftigten glücklicher in ihrem Job. Mit einer 34 stündigen Arbeitswoche haben die Dänen die kürzeste Arbeitswoche Europas. Die Idee dabei ist die Work-Life Balance zu fordern und mehr Zeit zu investieren für soziale Kontakte, Sport, Hobbies und soziales Engagement. Mit Überstunden macht man sich in Dänemark also keine Freunde. Aufgaben, welche außerhalb dieser 34 Stunden anfällt werden von der dänischen Philosophie als schlechtes Time-Management abgetan. Aber passt ein sechsstündiger Arbeitstag wirklich in die allgemeine deutsche Betriebskultur? Wenn man der Stadt Göteborg in Schweden glaubt erhöht ein verkürzter Arbeitstag die allgemeine Produktivität der Mitarbeiter. Laut Roland Paulsen von der Universität Lund in Schweden könnten bereits vier Stunden am Tag ausreichen, um eine vergleichbare Produktivität zu erzielen, wie an einem vollen 8 stündigen Tag. Die Einführung eines 8 Stunden Arbeitstags stammt noch aus der Zeit der industriellen Revolution. Damals dachte man, dass längeres Arbeiten auch die Produktivität steigert. Dieses System ist trotz fortschreitender wissenschaftlicher Erkenntnisse bis heute erhalten geblieben. Einige internationale Unternehmen haben jedoch eine ähnliche Philosophie, wie die Skandinavier und halten Arbeitszeiten dementsprechend flexibel. Netflix beispielsweise hat eine verkürzte Arbeitszeit in die eigene Betriebskultur integriert. Auf SlideShare findet ihr eine Präsentation, die die Kultur des Unternehmens erklärt mit dem Fokus auf Freiheit und Eigenverantwortung. Die Begründung einer verkürzten Arbeitswoche klingt allgemein logisch, dennoch hält sich die überwiegende Mehrheit der Länder noch immer an das „Nine to Five“ System.

Kaffeepause ist Pflicht

Neben einem verkürzten Arbeitstag, legen die Skandinavier großen Wert auf die Einhaltung der Pausen. Die Fika ist in Schweden eine verpflichtende Kaffeepause, in der sich Mitarbeiter 10 Minuten mit ihren Kollegen austauschen, um die Mitarbeiterbeziehungen zu stärken. Gemäß einer Studie der Universität von Linkoping ist es sogar wissenschaftlich bewiesen, dass eine Fika die Produktivität der Beschäftigten steigert. Eine Pause ist also keine bloße Verkürzung der Arbeitszeit, sondern sorgt für einen ordentlichen Powerboost. In skandinavischen Unternehmen herrschen flache Hierarchien, die es Mitarbeitern erlauben auch mit ihren Vorgesetzten auf einer Augenhöhe umzugehen. Der informelle Umgang miteinander sorgt für ein verstärktes Zugehörigkeitsgefühl zum Betrieb und verbessert die transparente und gut funktionierende Kommunikation. Auch viele Studien bestätigen den Zusammenhang von flachen Hierarchien und Mitarbeiterzufriedenheit. Generation Y brachte die ersten hierarchischen Veränderungen am Arbeitsplatz und auch durch die kommende Generation Z wird Autorität in der Arbeitswelt immer mehr an Bedeutung verlieren.

Eine erhöhte Produktivität- zu welchem Preis?

Aber nicht jeder begegnet dem skandinavischen System mit Enthusiasmus. Luc Sels, Dekan für Ökonomie und Betriebswirtschaft an der KU Leuven ist der Meinung: „Eine verkürzte Arbeitszeit soll in der Praxis dafür sorgen, dass Arbeitnehmer in weniger Zeit die gleichen Ergebnisse erzielen. Das heißt mit anderen Worten mehr Druck am Arbeitsplatz und negative Auswirkungen auf die Gesundheit sind vorprogrammiert.“ Die Frage ist also: Sind die Skandinavier wirklich glücklicher aufgrund ihrer revolutionären Arbeitskultur? Auf jeden Fall lässt sich sagen, dass eine Verbindung zwischen Zufriedenheit und Produktivität besteht. Laut Happiness at Work ist das wichtigste jedoch, dass wir einen guten Arbeitsfluss für uns entwickeln. Dieser Fluss garantiert wiederum ein effizienteres Arbeiten, welches letztendlich zu unserem Glück beiträgt. Qualität vor Quantität also- so sehen es zumindest die Skandinavier. Kürzere Arbeitszeiten, sowie Pflichtpausen, aber dennoch bessere Arbeitsergebnisse abliefern. Deutschland’s Unternehmen sind von diesem Denken und einer vergleichbaren Arbeitskultur leider noch weit entfernt. Man kann daraus jedoch schließen, dass das wirtschaftlich starke und bedeutungsvolle Skandinavien mit gutem Vorbild voraus geht, als erster großer Schritt zum weltweiten Glück am Arbeitsplatz.

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